Dienstag, 9. Juni 2009

Fortsetzung des Kapitel 2 (2)

Deveraux gähnte und blickte blinzelnd auf seinen Chronometer. Er war eingenickt. Ein leiser, angenehmer Gong wurde geschlagen und die Gäste in den Speisewagen gebeten. Er stand auf, ließ seinen Kopf kreisen und blickte auf das weite, dahin rasende dunkelgrün des Dschungeldachs. Von Paschawar waren nur noch entfernte Spitzen am Horizont zu erkennen. Neben an der Hand abzählbaren weisen Wolken war der Himmel in einem gesunden Hellblau.

Während er noch darüber nachdachte, setzte sich der Schnellzug in Bewegung. Deveraux hatte nichts von Paschawar mitbekommen. Er sah aus dem Fenster und beobachtete fasziniert, wie die näherer Umgebung langsam verschwamm, während der Zug fahrt aufnahm. Die Umgebung selbst verändert sich schnell. Die inneren kolonialen und modernen Bauten der Hauptstadt wichen dem alten Stadtbild und dann den außen liegenden Slums. Dann jagte der Zug auf eine höher angelegte Bahntrasse und ringsherum wurde es dunkelgrün.

Er öffnete seinen Laptop und prüfte den Datenbestand. Das Hauptquartier der Militärpolizei von Kandhrapur hatte ihnen bereits die ersten aktuelle Auszüge
der Personalakten, Wetterdaten und aktuelle Nachrichten der Region zu kommen lassen. In der Provinz Niazam war es zu kleineren Aufständen einer alten Sereg -Sekte gekommen. Die Freihandelsgesellschaften hatten mehrere neue Rohstoffgewinnungskontrakte mit den südlichen Konsortien abgeschlossen und das Wetter für die nächsten Woche, sah in der südlichen Japh-Tal und der Großen Reg die jährlichen Sandstürme vor, die so genannte Zeit des Tippuhan-Windes.

Deveraux wählte die erste Akte aus und öffnete sie. Es handelt sich um die Akte des Majors. Sein Name war George Walter Buchannon. Major Buchannon war der Kommandeur des 4ten Bataillons, 20th Praetoria und mit diesem in der südlichen Garnison von Malkilahbad stationiert.
Er war Träger des Großen Praetorianischen Ehrenordens, des Adlers von Verula und des imperialen Aquila. Außerdem war er Ritter des ehrwürdigen Ordens von der Geront-Distel und ein renomiertes Mitglied des Diogenes Clubs.
Alles in allem ein klassisches Bild für einen nichtadligen Offizier, dachte Deverauxe während er die Seiten überflog.

Während er das Communique weiter las, bemerkte er eine zeitliche Lücke. Buchannon hatte während des Massakers von Erobal auf Arslan III, den Befehl über einen der linken Flügel des imperialen Vorstoßes. Dort verdiente er sich seine Beförderung zum Major. Danach kamen die Einträge seiner Dienstzeit auf Indira IV. Deveraux runzelte die Stirn und tat diesen Zufall als solchen ab.

Er rief sich die Akte eines der Lieutenants auf. Sein Name war Edward Harry Lionel, Second Lieutenant in der 3. Kompanie, 1. Bataillon des 20ten Praetoria. Er war noch sehr jung, und wie Deveraux erkannte, hatte der Kauf des Offizierspatentes fast die bürgerlichen Ersparnisse seiner Eltern aufgebraucht. Aber nur fast, denn sein Vater, ein Whiskyhändler auf Angelus, hatte zu Beginn des sirdarischen Jahres ein beträchtliches Vermögen mit dem Verkauf von 20 Fässern 400 Jahre alten scotischen Brandweines machen können, wie es in dem Zusatzartikel hieß, war er rein zufällig über diesen Schatz in seinen Lagerhäusern gestolpert.

Und wieder stutzte Deveraux. Der Bericht endete plötzlich und es trat eine zeitliche Lücke auf. Er sparte sich die Durchsicht der dritten Akte und öffnete die Sicherheitsdateien. Das Communique kam aus dem Polizeihauptquartier und war verschlüsselt worden. In dem Sicherheitsprotokoll erkannte Deveraux Sperreinträge, die in allen Akten den zeitlichen Rahmen von der Arslan – Mission bis ins letzte Jahr umfassten. Er stand auf und stellte sich ans Fenster. Seine Hand ging fast automatisch zu seinem Etui und er holte eine Zigarette. Er öffnete das Fenster, es waren nur kleine Löcher, da der Fahrtwind zu stark war, aber es änderte sich nichts an der Wärme. Der Himmel war immer noch ein blau und der dichte Dschungel lag knapp unterhalb der Bahntrasse.

Er konnte so nicht arbeiten. Anstatt das das Netz aus Lügen und möglichen Intrigen oder Verbrechen endlich klarer wurde, legte sich über alles noch mehr ein Schleier der Unsicherheit. Er hoffte, dass sich Sir Archibald als weitaus kooperativer herausstellen würde, als die zur Verfügung gestellten Unterlagen vermuten ließen. Es klopfte an seine Abteiltür.

„Herein“, sagte Deveraux. Es passierte nichts.
Ein wenig entnervt ging er zur Tür und riss sie auf, doch erschreckte er nur zwei Fahrgäste, die ihn entgeistert anstarrten.
Er blickte nach links und rechts, sah aber niemanden. Dann blickte er auf den Boden. Ein Zettel lag zu seinen Füßen. Er hob ihn auf und ging zurück in seine Kabine.
Der Zettel war dunkelbraun, zerknittert und an den Enden versenkt. Er faltete ihn auf und lass die Nachricht.
>> Vorsicht ist geboten!<<>>Verlassen sie den Zug so schnell wie möglich!<< Die Nachricht besagte, dass er sich in zwei Tagen in Khandrapur mit einer Person unter dem Pseudonym „N“ treffen würde, wenn er es schaffte den Zug zu verlassen und dann weitere Informationen erhalten würde. Die Handschrift schien weiblich zu sein, doch das war durchaus auch kein Indiz. Er rauchte seine Zigarette zu ende und setzte sich in den Sessel. Akten, die ihm keinen vollständigen Zugriff ließen, eine seltsame Nachricht und zum guten Schluss noch eine oder ein Unbekannter.

„Und das alles, weit ab von zu Hause“, brummte Deveraux zu sich selbst, während das grün des Dschungels an seinem Fenster vorbeirauschte.

2 Kommentare:

Dencarion hat gesagt…

Hey hey,
die Geschichte entwickelt sich gut :)
Ciao
Klaus

Richard von Wittgensteyn hat gesagt…

Ich bin froh das noch mehr sie lesen...^^. Leider kann ich auf englisch net so gut schreiben, wie auf deutsch ;-)